37°: Die Ich-Vermesser - Selbstoptimierung um jeden Preis?

Ein Film von Uta Meyer-Boblan und Heike Dickebohm

Dass die Optimierung des Berufs- und Privatlebens nicht immer positiv, sondern auch ein Kampf mit drastischen Folgen sein kann, weiß Sophia Thiel (26). Sie ist Fitness-Influencerin, gefeierter Star ihrer Branche. Auf Instagram, Youtube und Facebook folgen ihr jeweils rund eine Million Menschen. 2012 begann Sophia mit Diäten, sie nahm 30 Kilogramm ab, entdeckte das Bodybuilding für sich und ließ die Öffentlichkeit über die sozialen Medien an ihren Erfahrungen teilhaben. Sie schrieb Bücher, wurde Kraftsport-Star und entwickelte ein erfolgreiches Fitnessprogramm.

Doch 2019 verschwand sie plötzlich von der Bildfläche, bis zu ihrem Comeback 2021. Sophia war zusammengebrochen, auf ihr lastete zu viel Druck, außerdem verschwieg sie der Öffentlichkeit, dass sie unter Essanfällen litt. Erst durch eine Therapie konnte sie ihre Essstörung aufarbeiten. "Es gibt immer Tage, wo man sich schlecht fühlt. Früher hätte ich gesagt, durchziehen und gut. Heute muss ich mich dann auch nicht zum Post zwingen."

Auch der 48-jährige Andreas Breitfeld ist ein Ich-Vermesser, ein sogenannter Biohacker. Wie ein Computerhacker versucht er in das "System Körper" zu "hacken", um es zu verändern. Andreas nutzt dafür technische Hilfsmittel, und er macht vieles anders als andere: Jeden Morgen zum Beispiel steht er um 6.30 Uhr mit einer Lampe auf, die die natürliche Morgenröte imitiert und steigt danach ins Eisbad. Sein wichtigstes Ritual: Andreas trägt einen Ring mit viel Elektronik, der seine Vitalwerte und seinen Schlaf misst. Mittlerweile hat Andreas die Optimierung von Körper und Geist zum Beruf gemacht und ein Biohacking-Lab in München gegründet. Für ihn steht fest: Diese Art der Selbstoptimierung rettete ihm nach einem Burnout 2016 das Leben.

Höher, schneller, weiter – für Karina (31) und Philip (32) aus Braunschweig haben diese drei Worte keine große Bedeutung, doch auch sie sind Selbstoptimierer. Sie wollen zu sich selbst finden, sich von materiellen Dingen trennen und demnächst in einen Bulli umziehen. Dafür verändern sie Schritt für Schritt ihr Leben. Beide sind Rohveganer: Erhitzte Nahrung halten sie für schädlich, sie essen alles roh und verzichten auf tierische Produkte. "Selbstoptimierung sehen wir als Weg, zu sich zurückzufinden", davon ist Philip überzeugt. Karina war, bevor sie Philip kennenlernte, verheiratet, wohnt noch immer in der Eigentumswohnung von damals und möchte sie nun verkaufen. "Ich habe früher gedacht, dass das, was man beigebracht bekommt, so ist. Irgendwann habe ich gemerkt: Das bist Du nicht. Dein Leben ist da draußen, in der Natur. Dafür bin ich bereit, vieles hinter mir zu lassen."

Sendetermin: 19. April 2022, 22:35 Uhr im ZDF.

Link zum Film:

https://www.zdf.de/dokumentation/37-grad/37-die-ich-vermesser-100.html